Samstag, 30. Oktober 2010

Ein ständiges Auf und Ab...

Da mein letzter Eintrag nun doch schon wieder einiges zurück liegt und ich ab Morgen erst mal für eine Woche nicht zum schreiben komme (dazu später mehr), kommt hier also mein nächster, wieder recht ereignisreicher Bericht.

Am Freitag-Abend nach Mindo (vor 3 Wochen, 15.10.), machte ich mich mit einigen Freiwilligen von Quitumbe, dem riesigen Busbahnhof Quitos im Süden der Stadt, auf Richtung Banos. Dabei handelt es sich um eine ca. 3 Stunden Busfahrt entfernte Kleinstadt, die als touristischster Ort Ecuadors gilt. Auslöser unserer Reise war ein Freiwilliger, der am Samstag Geburtstag hatte, und diesen mit möglichst vielen Leuten in Banos feiern wollte. Dieser kam allerdings mit einigen Leuten erst im Laufe des Samstages. Ich hatte mich mit Anderen dazu entschlossen bereits am Vorabend anzureisen, so dass wir am Samstag-Morgen mehr oder weniger früh mit Fahrrädern, die man überall im Ort für 5$ am Tag mieten kann, aufbrechen konnten. Ziel war Puyo, eine ca. 65km entfernte Stadt, die bereits im „Oriente“ liegt, also in den Ausläufern des Amazonasbeckens, im Gegensatz zu Banos, das sich noch in der „Sierra“ (= Hochland) befindet. Folglich geht es in Summe ein beträchtliches Stück bergab (ca. 700 Hm). Wer aber nun glaubt, es handle sich daher um eine bequeme Tour, bei welcher man es einfach 65km lang bergab rollen lässt, der täuscht sich gewaltig, denn wie das dummerweise mit Bergen so ist, geht es immer mal wieder auch bergauf. So war die Strecke insgesamt doch ziemlich anstrengend, die Aussicht entschädigte dafür jedoch wieder voll und ganz: neben interessanten Pflanzen und dicht bewaldeten Hängen kam man vor allem an einer Reihe imposanter Wasserfälle vorbei. Zu dem größten musste man ca. 15min durch den Wald hinunter wandern. Dort machten wir erst Mittagspause und bestaunten dann die geballte Kraft des herabstürzenden Wassers.



"Wasserleitung"







Geballte Wasserkraft...



Nass wars... ;)



Unsere Räder.



Danach ging es dann weiter Richtung Puyo. Relativ angenehm war, dass ich mich bereits zu Beginn mit fünf anderen von der großen Gruppe getrennt hatte, so dass wir recht flott voran kamen. Trotzdem muss ich sagen, dass es einfach nicht das gleiche ist, wie eine Radtour mit dir, Papa… ;) Da freu ich mich schon wieder drauf… :D
Leider war den ganzen Tag über das Wetter recht wechselhaft, so gab es immer mal wieder, teils auch heftige Regenschauer.
Letztlich erreichten wir aber doch gegen 18:00 sehr müde aber glücklich Puyo, gerade noch rechtzeitig bevor das letzte Tageslicht verschwand. Vollkommen erschöpft und durchnässt aßen wir zunächst einmal etwas zu Abend. Danach suchten wir uns ein „Pick Up – Taxi“, dass uns und unsere Räder zurück nach Banos fuhr. Da wir aber nicht alle auf die Rückbank passten, nahmen Yannis und ich gemeinsam mit unseren Fahrrädern auf der Ladefläche des Wagens Platz. So saßen wir eine lange Stunde im Dunkeln, der Fahrtwind pfiff uns um die Ohren und der immer wieder einsetzende Regen ließ uns jeden Tunnel wie das Paradies auf Erden erscheinen. Insgesamt ist die Fahrt wohl irgendwo zwischen extrem ungemütlich und durchgeknallt und einmaliges, spannendes Erlebnis einzuordnen, wir nennen so etwas hier „männlich“. ;)



Abgefahrene Ampel in Puyo.



Kalt wars... :)

Nach einer dringend nötigen heißen Dusche machten wir uns dann auf den Weg Richtung „Feierstraße“, um wenigstens noch die letzten Stunden des Geburtstages mitzuerleben. Die Party verlief nicht weiter außergewöhnlich, es wurde getrunken und vor allem viel getanzt (-> Südamerika eben, viel Salsa, irgendwie immer noch nicht so meins… :S). Nachdem die Clubs so gegen 2:00 dicht machten, war der Abend für einige andere und mich allerdings noch nicht rum: wir beschlossen noch weitere drei Stunden rumzubringen, um dann in aller Frühe in eine der zahlreichen Thermalquellen zu gehen, nach denen Banos benannt ist. Ich las zwar bereits im Reiseführer, dass diese Einrichtungen rund um die Uhr ziemlich voll sind, glauben konnte ich es aber erst, als wir um kurz nach fünf in das Bad kamen und ich die Menschenmassen sah, einfach nur abgefahren… :S



Therme/Banos, 5:00 Uhr, heftig!!

Es war trotzdem sehr schön und angenehm, es gab drei verschiedene Becken, ein ganz heißes, ein mittleres und ein richtig kaltes. Das heiße Wasser tat nach den Strapazen des Vortages und der schlaflosen Nacht unglaublich gut. Nachdem wir uns so zwei Stunden entspannt hatten gingen wir zu unserem Hostel, nahmen unser Frühstück ein und gingen dann schlafen.





Wasserfall, der direkt neben der Therme runter kommt.



Morgennebel über dem Regenwald.



Kirche von Banos.

Den restlichen Tag verbrachten wir dann mit ausschlafen, danach Sachen packen und noch ein wenig die Stadt erkunden, um drei ging dann unser Bus zurück nach Quito, wo wir etwa gegen sechs ankamen. Nachdem ich ein Mal von Süd nach Nord durch die Stadt getingelt war, kam ich schlussendlich gegen halb neun hier zu Hause an. So endete dieses schöne und spaßige Wochenende.


Am darauffolgenden Dienstag (19.10.) besuchten Yannis und ich dann unser zweites Spiel von Liga, dem hier im Norden Quitos ortsansässigen Verein. Diesmal handelte es sich jedoch um eine „Copa-Sudamericana“ – Partie gegen San Felipe aus Chile. Dabei handelt es sich um das Pendant zu dem europäischen UEFA – Pokal, allerdings können die Vereine hier auch gleichzeitig am „Copa Libertadores“ teilnehmen, der Südamerikanischen Champions League. Diese beiden Wettbewerbe finden auch zeitlich getrennt in der ersten und zweiten Jahreshälfte statt, wenn ich es richtig verstanden habe, alles ein bisschen verwirrend… ;)
Naja, jedenfalls hatte Liga das Hinspiel in Chile bereits 4:2 verloren, es gab also einiges aufzuholen. Im Gegensatz zu unserem ersten Spiel war das Stadion auch gut gefüllt und so war alles bereitet für einen tollen Fußballabend.
Um es in einem Satz auf den Punkt zu bringen: es war einfach Phänomenal!!! :D Liga legte von der ersten Minute richtig los was sich in der 19. und 20. Minute auch auszahlte: durch ein spektakuläres Volley-Tor und einen vollkommen verdienten Elfmeter nach schönem Konter ging Liga 2:0 in Führung, die ohnehin von Anfang an begeisterte Menschenmenge geriet nun völlig aus dem Häuschen. In der Folge lies Liga allerdings etwas nach, während die Chilenen immer besser ins Spiel fanden. So viel dann auch nach 35 Minuten der verdiente Anschlusstreffer. Folglich ging es mit gemischten Gefühlen in die Kabine. Was der Trainer dort mit seinem Team anstellte ist mir noch immer ein Rätsel, jedenfalls spielte nach Wiederanpfiff nur noch Liga. So schossen sie scheinbar spielerisch ein Tor nach dem anderen, bis es schließlich 6:1 stand. Die vereinzelten und in der Regel doch recht verunglückten Torschüsse und Flanken der Chilenen quittierten die Fans mit gellenden Pfiffen und hämischen Schmähgesängen.
Letztlich brachte Liga seinen Vorsprung ungefährdet über die Bühne und die Fanschaaren konnten glücklich und zufrieden nach Hause ziehen.
Insgesamt ein toller Abend, der mich nur noch mehr für den Südamerikanischen Fußball begeistert hat!! :D





Begeisterte Menschenmenge.



Am letzten Sonntag war es dann soweit: endlich stand die nächste Bergtour an!
Dazu traf ich mich bereits am Morgen um 6 Uhr mit den Anderen in Tumbaco, einem Vorort, östlich von Quito, von wo aus es los gehen sollte. Unsere Truppe bestand aus Fabian, der bei mir übernachtete, damit wir am nächsten Morgen in der Früh um fünf gemeinsam ein Taxi nehmen konnten, Jan (-> waren beide auch schon mit mir auf dem Pichincha), außerdem noch Marten, ein weiterer Deutscher, den wir in Mindo kennen gelernt hatten und vor allem dessen ecuadorianischer Gastbruder( Demian) und ein Freund (Christian) von ihm. So machten wir uns in Demians Pick Up zusammengepfercht auf den Weg zu dem ca. zwei Stunden südlich von Quito gelegenen Iliniza Norte, unserem Tagesziel. Dabei wählten unsere Ortskundigen Freunde auf den letzten Kilometern einen recht abenteuerlichen, stark vom Regen ausgewaschenen und somit sehr holprigen Feldweg, der uns allerdings die 10$ Nationalparks - Gebühr pro Person ersparte.
Als auch dieser Pfad sich immer weiter „verflüchtigte“ wurde das Auto einfach irgendwo abgestellt, wir schnappten uns unsere Rucksäcke und es ging zu Fuß weiter.



"Parkplatz". ;)



Truppe vor dem Aufbruch. (v.l. Fabian, Marten, Demian, Christian, Ich, Jan)



Blick auf den Wolkenverhangenen Gipfel.

Zu diesem Zeitpunkt befanden wir uns ca. auf 4.000m Höhe. Zunächst ging es recht angenehm dahin: nicht zu steil, auf einem festen Trampelpfad und durch eine interessante Vegetation.



Nachdem wir so eine Stunde gelaufen waren, wurde es jedoch deutlich steiler. Auch der Weg wurde nun anspruchsvoller: er war nun wesentlich „lockerer“ und rutschiger, verlief er doch nun über Sand-, Kies- und Geröllfelder. Als dieses Wegstück auch zu Ende ging machten wir erst mal Brotzeit. Dabei mussten wir dann auch die dicken Jacken, Mütze und Handschuhe rauskramen, da es mit zunehmender Höhe auch immer kälter wurde. So gerüstet ging es dann weiter auf das letzte und wohl anspruchsvollste „Teilstück“: nun mussten wir über zum Teil ziemlich steilen Fels, bzw zwischen den größten Brocken immer „hindurch klettern“. Dabei musste man meistens gute Griffe und Tritte suchen um sich wieder ein Stück hochzuziehen. Man hatte jedoch darauf zu achten, dass man keine durch Eissprengung gelösten Steine erwischte, die ansonsten den Berg hinab purzelten und somit die unter einem gehenden Kameraden gefährdeten. Da wir auch keine Helme mit uns hatten, mussten wir darauf achten möglichst eng beieinander zu gehen um die Steinschlag – Gefahr möglichst gering zu halten. Trotzdem schallte von oben immer mal wieder ein lautes „Cuidado!“ hinab, was so viel bedeutet wie „Vorsicht/Obacht“.
Eine weitere Schwierigkeit stellte der Schnee dar. Zwar wird der Iliniza Norte von keinem Gletscher bedeckt, wie z.B. sein nur 100m höherer, direkter Nachbar Iliniza Sur (vor langer Zeit mal ein Berg gewesen), was vor allem auf klimatische Bedingungen zurückzuführen ist (-> günstige Winde), jedoch war es die Tage und Wochen davor so kalt gewesen, dass doch recht viel Schnee gefallen war.



Auch machte sich die Höhe immer mehr bemerkbar, wobei hier der Coca-Tee von Christian etwas Abhilfe verschaffte ;). An dieser Stelle möchte ich kurz ein allgemeines Wort zu Christian verlieren: bei ihm handelt es sich einfach um den absolut klischeehaften Naturfreund und Alpenvereinler: Vollbart, lange Haare im Pferdeschwanz, einige Male angehalten um Kräuter für den nächsten Tee zu sammeln, hat schon in einer Seehund-Station auf den Galapagos-Inseln gearbeitet und kannte den Namen eines jeden umliegenden Berges.
So ging es Stück für Stück weiter bergauf, bis wir endlich nach vier Stunden Kraftanstrengung (ca. 8:00-12:00), in dem Nebel etwas überraschend, den Gipfel erreichten. Total ausgepowert und ziemlich erschöpft aßen wir noch mal ein paar Happen, machten einige Fotos und genossen vor allem die Aussicht die sich uns zwischen den immer wieder aufreißenden Wolken bot. Allein dafür hatten sich die Strapazen gelohnt, außerdem hatte man ja noch das sehr befriedigende Gefühl auf 5.127m zu stehen!!!! Für mich und auch meine deutschen Begleiter bedeutete dies, das erste Mal über 5.000m, also höher, als man in Europa überhaupt kommen kann!!! :D:D
Ein absolut geniales und unglaublich freies Gefühl das sich kaum beschreiben lässt. :D
Noch dazu war es auf dem Gipfel wieder erstaunlich warm (allerdings sicher keine 22°, wie mein Höhenmesser anzeigt :) ), so dass es sich neben dem kleinen Gipfelkreuz richtig gut aushalten lies. Wir hielten uns trotzdem nicht allzu lange auf, da die Wetterlage doch etwas unsicher war, und es tendenziell gegen Nachmittag immer zu zieht.



Endlich angekommen...





Blick auf den Hang des gegenüberliegenden Iliniza Sur.





Kratersee.

So machten wir uns nach ca. 15min wieder an den Abstieg, der allerdings auch kein Spaziergang war, schließlich war es nach wie vor steil und rutschig und auf lose Steine musste man beim hinab gehen noch genauer achten.



Auf dem Abstieg...

Als wir die schwierigsten Abschnitte problemlos geschafft hatten ging es eigentlich nur noch relativ ruhig durch flacheres Gelände. Dies hätte eigentlich kein größeres Problem darstellen sollen, hätte sich da nicht das Alter meiner Wanderschuhe (bzw. eigentlich die meines Vaters) bemerkbar gemacht. Beim Aufstieg sehr bequem und zuverlässig, trotz eines geschätzten Alters von 25 Jahren, gab nun der altersschwache Kleber unter den Sohlen den Geist auf, weshalb sich diese einfach ablösten. Notdürftig mit zwei Stricken fixiert ging es nun also deutlich langsamer weiter, da die „Schnürrung“ doch relativ locker wurde und die Sohlen so hin- und her rutschten. Letztlich erreichten wir aber doch noch unseren Pick Up, gerade rechtzeitig vor dem einsetzenden Regenschauer.



Erneut zu viert auf die Rückbank „gepfercht“ ging es also wieder zurück nach Tumbaco, dass wir gegen 18:00 Uhr erreichten. Von dort fuhren Fabian und ich mit dem Bus nach Hause, wo ich nach einer heißen Dusche und einem kleinen Abendessen nur noch erschöpft ins Bett fiel.
Zwar war es wirklich sehr anstrengend und schlauchend , insgesamt aber eine wirklich tolle und einmalige Wanderung und sicherlich eines der bisherigen Highlights in Ecuador!!!




Ansonsten geht es mir auch gut, im Projekt fühle ich mich wohl und die Arbeit mit den Kindern bereitet mir viel Spaß. Noch dazu hat nun vor einigen Wochen die Fußball-AG von Yannis und mir begonnen. Da das Interesse so groß ist und es von der Aufteilung her sinnvoller ist, haben wir jetzt diese Woche begonnen an zwei Nachmittagen Jungs und Mädchen getrennt zu trainieren.

Nächste Woche müssen wir es allerdings schon wieder Ausfallen lassen, da wir nämlich nicht da sind, sondern im URLAUB!! :D
Zur Erklärung: Dienstag und Mittwoch findet die „Fiesta de Cuenca“ statt, die Feierlichkeiten zu Ehren der Unabhängigkeit Cuencas, der drittgrößten Stadt Ecuadors. Dabei handelt es sich in der Regel um Landesweite Feiertage. Auf Druck des Tourismus-Ministeriums hat Correa (Präsident) jetzt auch noch, zumindest in Schulen, den Brückentag Montag frei gegeben. Somit verblieben uns nur noch Donnerstag und Freitag als Schultage, welche wir uns aber nun nach Absprache mit dem Projekt freinehmen dürfen. Im Gegenzug werden wir diese zwei Tage nun wohl an einem Wochenende wieder rein arbeiten, an welchem wir entweder ein Fußball-Turnier für die Kids veranstalten, oder aber uns auf der Wand des Pausenhofes mit einem Gemälde verewigen.
Unser Projektleiter stimmte dieser Lösung sehr gerne zu, da er ohnehin der Ansicht ist, dass die Schule mit Yannis und mir zwei zuverlässige und motivierte Freiwillige gewonnen hat, und sich somit glücklich schätzen kann, uns für ein Jahr da zu haben. :D
Die 9 freien Tage werde ich dazu nutzen, ein bisschen mehr vom Land zu erkunden, aber dazu gibt es dann mehr und detailliertere Infos nach der Reise.

In diesem Sinne lass ich es jetzt dann mal wieder gut sein, ich muss gleich los zum Yannis mit dem ich dann in die Stadt fahre, um mit dem Bus Richtung Süden zu fahren. ;)

Also, liebe Grüße aus dem fernen Ecuador,
Moritz

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